19.11.2015
Maura, die Chefin von „Bob’s Bunkhouse“ bringt mich zum Flughafen und setzt mich am Terminal für Innlandsflüge ab. Umarmung, die besten Wünsche und „Bis bald!“ In einem Monat werde ich von Maura genau an dieser Stelle wieder abgeholt und darf ihr dann hoffentlich vom Erfolg meines Projekts berichten.
Ich befürchte Probleme mit meinem Übergepäck. Bei den beiden Lufthansaflügen betrug mein Freigepäck jeweils 23kg, die ich komplett ausgereitzt habe. South African Airlines gewährt einem allerdings nur 20kg Freigepäck für Innlandsflüge. Noch nie hatte ich zu viel Gepäck dabei, doch diesmal ist mein Rucksack voller kleiner Shirts, Kleidchen, Röckchen, Höschen, Mützchen, einem kleinen Fußballweltmeisterpulli und einem Hello-Kitty-Badeanzug. Jaja, lach Du nur: „haha, Ivan steht nun auf Röckchen und Kleidchen und überhaupt trägt er alles nur noch hauteng…“ Das ist natürlich Blödsinn, du lustiger Vogel! Die ganzen Sachen sind nicht für mich, sondern für die ärmsten Kinder in Fobeni Village. Meine Nichten und Neffen haben ihre Schränke vorbildlich ausgemistet und gefühlt zehn Tonnen Klamotten entbehren können. Etwa zehn Kilogramm davon kann ich ich in meinen Reiserucksack verstauen und der Rest kommt den Flüchtlingen in Deutschland zu Gute.
Beim Check In habe ich dann wieder Glück: die Dame, die mein Gepäck eincheckt, achtet gar nicht auf das Gewicht des Rucksacks. Ihre Aufmerksamkeit gilt dem Quaseln und dem Süß-lächeln. Sie würde am liebsten auch mal mit dem Rucksack „traveln“ und ich wünsche ihr, dass sie es bald in die Tat umsetzen kann. Mein Gepäckstück fällt von der Waage aufs Rollband und mir ein kleiner Stein vom Herzen. Ich bedanke mich bei dem redseligen Fräulein und begebe mich zum Gate.
Mit einem Bus werden wir zu der kleinen Maschine gebracht. Dort angekommen dürfen wir allerdings erst mal nicht aus dem Bus. Nach fünf Minuten Wartezeit kommt die Information, dass dieses Flugzeug heute nicht starten wird, da es ein technisches Problem gibt. Der Bus bringt uns also zurück zum Gate. Zum Glück ist Johannesburg der Heimatflughafen von South African Airlines und so kannst Du sicher sein, dass irgendwo im Hangar noch eine nicht benötigte Maschine steht, die man als Ersatz verwenden kann. Und so ist es dann auch. Es dauert nicht mal eine Stunde das Ersatzflugzeug klar zu machen, unser Gepäck und schließlich auch uns in die Alternativmaschine einzuladen.
Gerade mal 45 Minuten dauert daraufhin der Flug von Johannesburg nach Hoedspruit und bereits beim Landeanflug sehe ich die ersten wilden Tiere Afrikas: Baboons (eine besonders dreiste Affenart) und ein Warzenschwein spazieren seelenruhig an der Landebahn entlang.
Von zwei reizenden Damen werde ich empfangen und abgeholt. Jacky und Amilia arbeiten für Tshega und betreuen die Volunteers, mit denen sie im selben Komplex wohnen. Bevor es in eben dieses neue zu Hause geht, machen wir noch einen kurzen Abstecher zur Schule, wo ich die nächsten Wochen arbeiten werde. Dabei werden erfreulicherweise weitere wilde Tiere gesichtet: unweit der Straße kühlen sich Elefanten an einem Wasserloch ab. Ein tolles Bild!
An der Schule angekommen, sehe ich endlich die Baustelle, die in naher Zukunft einen neuen Trakt mit drei Klassenräumen bilden soll. Der Auftrag für diesen Ausbau durch FLY & HELP ist der vorrangige Grund, aus dem ich hier bin. Alle Unterstützer, Partner und Interessierte von FLY & HELP werden in meinem Blog verfolgen können, wie sich die Baustelle entwickelt.
In der Schule findet gerade eine kleine Konferenz statt: Elternvertreter, Lehrer und Mitarbeiter von Tshega lassen gerade das Jahr Revue passieren, ziehen eine Bilanz und besprechen Probleme und Lösungen.
Kurz nach unserem Eintreffen auf dem Schulgelände ist die Konferenz zu Ende und eine freundlich lächelnde Frau kommt aus einem der Gebäude. Endlich lerne ich Ellanie van Rooyen persönlich kennen. Ellanie ist der Kopf und das Herz von Tshega. Sie ist auch diejenige, die die Volunteers in einem Nachbargebäude auf ihrem Grundstück wohnen lässt. Ihre unglaublich positive Ausstrahlung zieht mich sofort in ihren Bann. Ellanie bittet uns, unsere Klamotten in ihren Minibus umzupacken um gemeinsam zu ihren Grundstück, umgeben von einer schönen Orangenfarm zu fahren. Mich bittet sie außerdem auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen, damit wir uns ein wenig unterhalten können.
Nach ca. 20 Minuten Fahrt kommen wir auf ihrem Hof an. Außer mir wohnen in dem Volunteer-Haus drei Damen und “unser Sohn”. Jacky und Amilia, die mich vom Flughafen abgeholt haben, habe ich ja bereits erwähnt. Die dritte Dame ist eine Holländerin namens Lida, die hier bereits vor ein paar Tagen ihren Freiwilligendienst begonnen hat. Und “unser Sohn” ist eigentlich nur Jackys Sohn, zählt zehn Sommer und heißt Kean.
Ich beziehe zunächst mein Zimmer, das eigentlich für zwei Personen gedacht ist und befinde die Unterkunft gleich mal für sehr gut: zwei Betten (das nicht benötigte wird zum Schrank umfunktioniert), vier Wände, ein großes Fenster und ein Decle, von der ein Ventilator baumelt. Was brauch ich mehr? Jacky führt mich im Haus herum, erklärt mir das Zusammenleben und das Zusammenarbeiten. Ich vernehme durchweg positive Schwingungen und fühle mich von Anfang an richtig wohl hier.
Als ich mich alleine auf dem Grundstück umschaue, wird meine Freude bestärkt: Kindheitserinnerungen von
unserem kleinen Hof in der Sowjetunion kommen hoch: Die staubigen Wege, Lauben, Schuppen, ein alter Traktor auf dem Grundstück und so viel Platz überall. Herrlich! Während des regenreichen Sommers grünt sogar der heiße Norden Südafrikas und ich bestaune den schönen Garten, der von unzähligen Hühnern bevölkert wird.
Und dann lerne ich Sophia, die Hündin von Jacky kennen und verliebe mich direkt in sie. Auf dem Grundstück treiben sich außer Sophia noch andere Hunde rum. Da ist zum Beispiel Ellanie’s Ridgebackdame, die fast schon Ponygröße erreicht, da ihre Rasse zur Wild- und Löwenjagd gezüchtet wurde… Ellanie’s brauner Dackel, der neben dem Ridgeback aussieht wie ein Hundemodel im Maßstab 1 zu 50 kläfft auch sehr präsent und außerdem läuft manchmal etwas planlos der einäugige Jack Russel der Nachbarn “bei uns” rum. Dieser wurde beim Versuch ein Stachelschwein zu erlegen zum Zyklopen… Doch die goldene Sophia mit dem riesigen, längst verheilten „Cut“ über dem linken Auge ist mir die Liebste. Sie entwickelt von vornherein eine starke Affinität zu mir und ich zu ihr. Sogar leidenschaftliche Eifersucht wird zum festen Bestandteil unserer Beziehung.
Sobald sie mich mit einem anderen Hund schmusen sieht, springt sie sofort dazwischen, schubst ihren Kontrahenten unsanft weg oder tritt gar auf ihn drauf und fordert meine ungeteilte Aufmerksamkeit.
Hier kann ich bleiben, hier gefällt’s! Wenn die Kinder mich morgen nicht aus irgend einem Grund hassen, bin ich bis in die letzte Faser zufrieden.
Peace!
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