23.11. – 27.11-2015
Am Sonntag, den 22.11. bekomme ich die Möglichkeit aus meinem Doppelzimmer für mich alleine in ein Fünferzimmer für mich alleine zu wechseln. Platz ohne Ende! Am gleichen Tag wird „Help ‘n’ Travel“ auf der Facebookseite von HRS erwähnt… Danke liebes HRS-Team, danke lieber Franky, du bist der Beste! Superausklang der ersten Woche in Südafrika also. So soll es ruhig weiter gehen.
Meine zweite Woche ist auch gleichzeitig die Spannendste und Wichtigste für die Schüler der „Lighthouse Academy“. Zum Einen stehen zum Wochenanfang die letzten Prüfungen an und zum Anderen widmet sich in der zweiten Wochenhälfte die ganze Schule den Vorbereitungen des großen „Price-Giving-Events“ am Samstag, den 28.11. Zahlreiche Gäste, größtenteils bestehend aus stolzen Familienmitgliedern der Schüler werden erwartet. Bei dieser Veranstaltung darf jede Klasse etwas vortanzen/-singen/-führen und die Schüler werden je nach erbrachter Jahresleistung mit Auszeichnungen geehrt. Die Aufregung der Schüler ist praktisch greifbar.
Bevor es an die Eventvorbereitungen geht, darf ich zunächst jedoch etwas über zwei andere Projekte der Non-Profit-Organisation Tshega erfahren. Erstens „OVC“ und zweitens „Feeding Scheme & Homeworkclub“. Das „OVC“-Projekt steht für „Orphaned and Vulnurable Children“ und widmet sich der Grundversorgung von Waisen und von Kindern aus allerärmsten Verhältnissen. Betroffene Kinder und Familien werden beispielsweise mit Grundnahrungsmittel und Kleidern versorgt. Genau an diese Kleinen möchte ich die mitgebrachten Klamotten meiner Nichten und Neffen austeilen. Verantwortlich für dieses Projekt ist „Milly“, die alle Kinder des Dorfes und ihre Bedürfnisse auswendig kennt. Manche dieser Kinder werden „gesponsert“ und können sich dadurch auch einen Schulbesuch in Tshega’s Schuleinrichtungen leisten. „Joyce“ ist zum Beispiel ein Kind, das zumindest in dieser Hinsicht großes Glück hatte. Joyce’s Familie kann sich kaum selbst versorgen, zudem sind ihre Mutter, sowie ihr Bruder mit dem Hi-Virus infiziert. Mit ihren vier Jahren geht Joyce dank der Unterstützung aus dem Ausland jedoch in Tshega’s Kindergarten (= Lambs Heaven), wo sie bereits English lernt. Und bald wird sie auch auf Tshega’s Schule (= Lighthouse Academy) gehen können. Aus meiner riesigen grauen Tüte kramt Milly einige Kleidchen für Joyce raus und entschuldigt das Mädel kurz vom Kindergartenunterricht. Eine kleine Modeschau beginnt und Joyce’s unschuldiges Lächeln in den mir bekannten Kleidern wird mir sicherlich lange in Erinneru
ng bleiben.
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Daraufhin fahren Milly und ich ins Dorf und besuchen als erstes Letty und ihre Familie.
Letty ist die Dame, die in Tshega’s Auftrag Mahlzeiten für die „Feeding Scheme & Homeworkclub“ zubereitet. Wir laden zwei große Kisten mit diversen Nahrungsmitteln aus und Milly findet einige Schöne Kleider für Letty’s Enkelin Diketso.
Als nächstes fahren wir zur elf hungrige Mäuler zählenden Familie „Modika“. Mutter und Oma müssen gleich für neun Kinder sorgen. Bis vor einem halben Jahr musste die Familie in zwei etwa sechs Quadratmeter großen, einzeln stehenden Zimmern wohnen, von denen eines bei jedem Regen unbewohnbar wurde. Vor einigen Monaten
kamen dann zwei Zimmermänner „auf der Walz“ vorbei und boten Tshega ihre Mithilfe an. Ich dachte eigentlich, dass die Walz-Wanderjahre im späten Mittelalter ausgestorben wären, doch ist dem wohl nicht so. Einige Gesellen scheinen diesem alten Brauch glücklicherweise noch etwas abzugewinnen und ziehen durch die Welt um ihr Handwerk gegen Unterkunft und Verpflegung auszuüben und dabei Erfahrung zu sammeln. Jedenfalls hat die Familie nun ein drittes, grundsolides Zimmer, welches die anderen beiden in Größe, Funktionalität und Ästhetik locker überragt. Eine Tolle Geschichte. Auch hier lassen wir einige Kinderklamotten.
Wir fahren noch einige andere Adressen an und erfreuen süße Kinder mit bunten Klamotten. Dabei fällt mir auf, dass die Jüngsten der Dorfbewohner, „Weiße“ so gut wie nie zu Gesicht bekommen und zunächst sehr zurück haltend, ja geradezu ängstlich reagieren. Über die Geschenke freuen sich dann aber doch alle und tauen mit der Zeit dann auch auf.
An einem anderen Tag zeigt mir Milly das zweite “Outreach-Project”: „Feeding Scheme & Homeworkclub“. In einer sehr überschaubaren Halle wird hierbei Essen an die Kleinen ausgeteilt, es wird ihnen vorgelesen und bei den Hausaufgaben geholfen. Wenn die Kinder überhaupt eine Schule besuchen, dann ist es meist eine Öffentliche mit schlechter Ausstattung und unmotiviertem Lehrpersonal. Um eine private Schule wie die „Lighthouse Academy“ zu besuchen sind die Familien in der Regel auf Sponsoren angewiesen. Da bewirkt Tshega’s kostenlose Hausaufgabenbetreuung oft mehr als der eigentliche Unterricht der öffentlichen Schule. Ganz zu schweigen davon, dass ausgehungerte Mäuler, etwas ordentliches zwischen die Backen bekommen. Natürlich darf hier der Spaß für die Kinder auch nicht zu kurz kommen und so wird auch immer Zeit eingeplant für gemeinschaftliches Spielen.
Auch wenn ich diese Woche durch genannte Projekte und durch die Mithilfe beim Aufbau und der Organisation für das große Event am Wochenende ganz gut zu tun habe, so finde ich zwischendurch doch auch immer wieder Zeit, bei einzelnen Unterrichtsstunden auszuhelfen. So kommt es dann auch endlich dazu, dass ich den – in meiner Kindheit verpassten – Kindergartenbesuch mit etwa 27 Jahren Verspätung nachholen kann: Ich lerne Wochentage, Jahreszeiten, Tanz- und Singspiele. Ein Riesenspaß! Da ich hier auf Anhieb Klassenbester werde, was das Schreiben der Zahlen Eins bis Fünf angeht, bittet mich die Lehrerin, den anderen Kiddies beim Erlernen dieser Zahlen zu helfen.
Mein gutes Abschneiden im Kindergarten scheint sich herumgesprochen zu haben, denn ich werde von einem Lehrer gebeten, bei der Prüfungskorrektur mitzuhelfen. Das heißt eigentlich, ich soll bereits korrigierte Arbeiten auf Korrekturfehler überprüfen. Bei der Durchsicht von etwa zehn Tests finde ich doch tatsächlich zwei Fehler, die noch nicht korrigiert wurden. Ganz stolz und streberhaft dokumentiere ich diese Fehler. Als ich dann auf dem Pausenhof mit einigen Kindern spiele, wird mir erst klar, dass ich von meinen Freunden der „Petzerei“ in zwei Fällen angeklagt werden könnte. Aus diesem Grund erwähne ich den Schülern gegenüber lieber nicht, wobei ich den Lehrern da geholfen habe.
Diese Woche sponsere ich der Schule vier große Weltkarten für den Geographieunterricht der höheren Klassen. Diese laminierten Fetzen bringe ich mit der Hilfe des Hausmeistersohnes “Klüter” an und erfreue mich darüber, dass sie den Klassenräumen etwas Farbe spenden. Die Schüler finden die Karten genial und studieren sofort die dazugehörende Hauptstadtliste und die Rekordliste (höchster Berg, längster Fluß etc.).
In der Zwischenzeit hat unsere WG übrigens Nachwuchs in Form eines weißen Südafrikaners bekommen, der hier bereits früher schon als Volunteer für Tshega tätig war. Weynand ist 27 Jahre alt und ein umgänglicher Mitbewohner sowie hilfsbereiter Kollege. Weynand und ich bekommen die Aufgabe die Bühne für die „Pricegiving Ceremony“ aufzubauen. Einen ganzen Tag schleppen und stappeln wir Ziegelsteine und Paletten. Überdeckt mit drei alten Teppichen, die wir sauber machen sieht die Bühne am Ende ziemlich professionell aus, muss ich sagen. Bleibt nur zu hoffen, dass sie auch zig – zu selben Zeit tanzenden – Trampelfüßen Stand hält. Die Veranstaltung findet in einer sehr einfachen, jedoch recht großen, von Tshega erbauten Kirche statt.
Weiterhin unterstützen Weynand und ich Amilia bei den Proben in den Klassen. Die einzelnen Aufführungen werden „Items“ genannt und es wird einem schnell klar, dass unglaublich viele Talente in der „Lighthouse-Academy“ schlummern. Tanz und Gesang gelingt nicht von Anfang an allen gleich gut, doch je näher der Samstag rückt, desto bühnenreifer werden die „Items“ und die Zeremonie wird von allen sehnlichst erwartet.
Nachdem wir am späten Freitag Nachmittag schließlich die letzten Dekorationselemente in der Kirche angebracht haben, können wir stolz und voller Vorfreude nach Hause fahren. Das Wochenende kann kommen.
Peace!
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